Amir Aloni, VP Manufacturing bei Magic Software, und Eli Peleg, Senior Manufacturing Consultant bei Magic Software, verraten die Wahrheit über Industrie 4.0 und die Globalisierung.

Zuerst, erzählen Sie uns doch ein wenig über sich selbst.
Amir: Ich habe im Baugewerbe angefangen, wo ich Software zur Qualitätskontrolle für Betriebe entwickelte, die Baumaterial herstellen. Von dort aus wechselte ich zu anderen lokalen Unternehmen und dann zu internationalen Firmen wie Nestle und Black & Decker. Obwohl ich ein IT-ler bin, verbrachte ich einen Großteil meiner Zeit auf dem Shop Floor, um die Probleme der Fertigung aus erster Hand zu sehen und zu lernen.

Eli: Ich habe in der IT für mittelgroße Fertigungsbetriebe gearbeitet und mich dabei auf Logistikprozesse konzentriert. Nach einer Weile wechselte ich zu Intel. Ich kann Ihnen sagen, dass die Chipherstellung mit 25-30 Maschinentypen und über 200 Prozessen äußerst komplex ist. Neben Intel war ich als Berater für Unternehmen wie Siemens, L’Oreal, Teva und HP tätig.

Was sind die größten Herausforderungen, denen sich produzierende Unternehmen heute stellen müssen?
Amir: Herauszufinden, was Industrie 4.0 ist. Es ist schwer, sich auf eine Definition festzulegen, weil sich Industrie 4.0 und die damit verbundenen Herausforderungen von Land zu Land und von Industrie zu Industrie wirklich stark unterscheiden. Es gibt eigentlich zwei Herausforderungen: Ein neues System, eine neue Art und Weise, Daten zu erhalten und zu analysieren einerseits und andererseits das Erlernen und die Beherrschung von neuen Werkzeugen, die völlig anders sind und die bisher niemand von den Leuten in der Werkstatt bis hin zu den Führungskräften in der obersten Etage benutzt hat.

Eli: Genau. Nun, lassen Sie mich eine Sekunde zurückspulen. Von Industrie 4.0 profitieren alle, aber das wird an jedem Standort und in jeder Branche anders ablaufen. Im Grunde unterscheidet sich das nicht so sehr von dem, was Sie gesagt haben, Amir. Ich stimme mit Ihnen überein, dass produzierende Unternehmen Änderungen vornehmen müssen, die sowohl mit den neuen Werkzeugen als auch mit der dahinter stehenden Denkweise zu tun haben. Sie können das beispielsweise in der Halbleiterindustrie sehen, die aus neuen Werkzeugen einen großen Gewinn zieht. Das verhält sich ebenso in anderen Branchen. Letztendlich geht es darum, die Verbrauchsgüter so effizient wie möglich zu liefern. Natürlich ist die Globalisierung in all das verwoben, aber bleiben wir vorerst bei Industrie 4.0 an sich.

Wird die Industrie 4.0 allen mittelständischen produzierenden Unternehmen zu Gute kommen?
Eli: Ja, auch wenn die Größenordnung der Vorteile unterschiedlich sein wird. Wissen Sie, wer die ganze Sache ins Rollen gebracht hat? Die westeuropäischen produzierenden Unternehmen sind die treibende Kraft hinter Industrie 4.0. Obwohl sie bereits einen Vorsprung hatten, wollten sie diesen noch vergrößern. Daher wird Industrie 4.0 letztendlich allen zu Gute kommen.

Amir: Wenn Sie mich fragen, haben die westeuropäischen produzierenden Unternehmen eigentlich versucht, die niedrigen Löhne in den Entwicklungsländern zu bewältigen. Sie haben auf Technik gesetzt, um die Arbeitskosten zu kompensieren. Auf diese Weise konnten sie immer noch lokale Mitarbeiter einstellen und einen angemessenen Gewinn erzielen.

Aber um auf die mittelgroßen produzierenden Unternehmen zurückzukommen – diese haben sehr unterschiedliche Vorstellungen von Industrie 4.0.

  • Einige sind diesbezüglich ziemlich passiv; sie denken, dass Industrie 4.0 nur etwas für die großen produzierenden Unternehmen ist, aber nicht für sie.
  • Dann gibt es diejenigen, die verstehen, dass es bei Industrie 4.0 nicht immer um Volumen geht; in der Tat sind es die kleineren Chargen mit sehr präzisen Anforderungen, bei denen Industrie 4.0 wirklich glänzt. Perfekt für mittelgroße Unternehmen.

Eli: Ich arbeite seit 20 Jahren mit Industrie 4.0 in der Halbleiterindustrie. Und doch verstehen viele mittelständische produzierende Unternehmen Industrie 4.0 nicht – sie haben natürlich davon gehört, aber sie wissen nicht, wie sie damit ihre realen Probleme lösen können: Ihre Flexibilität erhöhen, ohne ihre Lagerbestände zu erhöhen, usw. Deshalb müssen wir diese Wissenslücke schließen und den Führungskräften helfen zu erkennen, dass Industrie 4.0 wirklich ihre Schlüsselprobleme lösen kann.

Was stört Sie bei der Umsetzung von Industrie 4.0 in Unternehmen?
Eli: Was mich stört, sind die Leute, die die neueste Technologie in ihrem täglichen Leben einsetzen, aber nicht für sie in ihrem Betrieb eintreten wollen. Sicher, es geht um Budget und die Bereitschaft Risiken einzugehen, aber wenn sie sehen, wie Industrie 4.0-Produkte ihr Leben verbessern, und Berichte darüber lesen, wie z.B. das Hinzufügen grundlegender Sensoren die Wartungskosten senkt, usw., könnte man meinen, dass sie diejenigen sind, die auf Veränderungen drängen. Das finde ich einfach schade.

Amir: Nun, die Leute haben Angst, in ihrer Karriere ein Risiko einzugehen. Sie und ich haben auf etwas Neues gesetzt, das ist nicht für jeden etwas.

Eli: Sicherlich. Deshalb denke ich, dass es wichtig ist, den Leuten zu erklären, dass zwar ein Risiko besteht, man den Übergang aber schrittweise vollziehen kann. Man kann Industrie 4.0 erst für Prozess x, nicht aber für Prozess y integrieren – immer mit einem Backup und einem Ausweg.

Wir hoffen, diese Unterhaltung mit Eli und Amir hat Sie zum Nachdenken über Industrie 4.0 angeregt und darüber, wie Ihr Unternehmen damit effizienter produzieren könnte. Bald wird es ein weiteres Interview mit Amir und Eli geben. Wenn Sie in der Zwischenzeit Fragen haben, zögern Sie nicht sie zu stellen.

Sind Sie bereit für Industrie 4.0? Finden Sie es hier heraus!